Simone Weil, eine Mystikerin und Partisanin, schrieb über Parteien, sie seien: "eine Maschine zur Fabrikation kollektiver Leidenschaft“, als Organisation übten sie zweitens „kollektiven Druck auf das Denken ihrer Mitglieder aus“; und ihr einziger Zweck sei schließlich das eigene, unbegrenzte Wachstum.
«Aufgrund dieser drei Merkmale ist jede Partei in Keim und Streben totalitär. Wenn sie es nicht in Wirklichkeit ist, dann nur, weil die anderen Parteien um sie herum es nicht weniger sind als sie.“
Nun, solche Sätze sind radikal. Sie gehen an die Wurzel. Gerade darum sind sie bedenkenswert. Dies wird in Graubünden momentan in einer Deutlichkeit klar, die nichts zu wünschen übriglässt.
Denn ein veritabler Justizskandal soll aufgeklärt werden: Der Kantonsgerichtspräsident, Herr Brunner, der ins Schussfeld geraten ist, gehört der christlichen Volkspartei an. Der Vorsitzende der Grossratskommission, die den Sachverhalt untersucht, Herr Bondolfi, gehört auch der christlichen Volkspartei an. Werden die Grossräte ihre Parteikolleginnen ins Gefängnis bringen, oder ihres Amtes entheben?
Diese Verbandelung ist nichts CVP Spezifisches! Bei den anderen Richterinnen und Kommissionsmitgliedern decken sich die Parteimitgliedschaften ebenfalls weitgehend.
Bei den Wahlen der Richterinnen und Richter besteht ein fundamentales Problem des demokratischen Rechtsstaates auf Bundesebene wie in den Kantonen. Die Richter werden von den Parteien nominiert und kontrolliert.
Wo bleibt da die in den Verfassungen garantierte Unabhängigkeit der Justiz?
Wo bleibt die Gewaltenteilung?
Diese Tatsache bedeutet nämlich, dass die Parteipolitik über der Judikative steht. Sie ist in den Händen der Parteien, die per Konstellation vor allem anderen ihren eigenen Einfluss und ihre eigene Vergrösserung im Sinn haben und die Konkurrenz unter den Parteien wird in die Gerichte hineingetragen.
Das ist verheerend.
Das Volk ist der Souverän, nicht die Parteien. Bei Volksentscheiden kommt diese Tatsache immer wieder deutlich zum Ausdruck. Die Mehrheit der Leute ist nicht in einer Partei. Jeder aber ist auf eine unabhängige Justiz angewiesen.
Welche Alternativen zur Parteiwahl der Richter gäbe es:
- Bewährte und unabhängige, junge Juristen arbeiten sich insbesondere im Justizapparat hoch oder bewähren sich als Anwälte oder in anderen juristischen Positionen, bis sie von den bereits amtierenden Richtern oder anderen ausgewiesenen Juristen dem Parlament als Richter empfohlen werden.
- Die Parlamente wählen nur parteilich unabhängige Juristen als Richter.
- Unabhängige Juristen mit Gerichtserfahrung werden durch die Regierung vorgeschlagen und durch das Parlament bestätigt. (Deutschland)
- Die Richter werden durch das Wahlvolk gewählt. (zB Regionalrichter in GR)
Es geht hier nicht um eine vollständige Liste. Entscheidend ist, dass die Richter in all diesen Spielformen kein Parteibuch besitzen müssen.
Weil die überregionalen Gerichte nach dem Parteienproporz zusammengesetzt sind, ist dies bei uns de facto nämlich Bedingung Das hat für Richter die direkte persönliche Folge, dass, wer sich nicht zu einer Partei bekennen will, faktisch von der Richterlaufbahn ausgeschlossen ist.
Das müssen wir ändern, sonst wird es in Graubünden keine wirkliche Reorganisation und Remedur der ergebnisarmen und skandalumwitterten Justiz geben. Entweder durch das Parlament oder durch eine Volksinitiative!