Scharanser Zwischenruf

Lebendig bleiben? Ja, aber wie? Crashkurs gegen die Dauerangst

Scharanser Zwischenrufe

 

Lebendig bleiben? Ja, aber wie?

Linard Bardill

Crashkurs gegen die Dauerangst

 Wie geht es ihnen? Fühlen sie sich auch von der drohenden Krankheit beengt, vom Dauerbeschuss mit Informationen und Gegeninformationen? Bangen sie um unsere Freiheit, unsere Gesundheit, unsere Alten, die Wirtschaft, die Kultur? Spüren sie auch die Gefahr, Hospitalisation, Intubation, Ersticken, Sterben? Haben sie Angst?

 Was ist Angst?

Bei Gefahr haben wir zwei Möglichkeiten: Kampf oder Flucht. Kampf wird durch Wut ausgelöst, Flucht durch Angst. Angst und Wut sind eingeboren und überlebensnotwendig. Sie zeigen uns, wo die Gefahr liegt, und wie wir uns schützen oder wehren können. Sie gehören zu unserem Reptilienhirn und sind schneller als der Neokortext mit seinem analytischen Denkvermögen. 

 Wie sieht der Angstreflex aus?

Angst kommt von eng. Die Augen erstarren, der Brustkorb spannt sich, der Atem stockt, die Gefässe ziehen sich zusammen: Und - Flucht.

Angst ist das Gefühl, das die Hormonausschüttung von Adrenalin/Noradrenali auslöst, sie ist eine unwillkürliche Reaktion und dauert nur ein paar Sekunden, höchstens Minuten, bis die Gefahr gebannt ist.

 Bleibt sie aber aktiv, weil sie dauernd durch neuen Stress getriggert wird, kommt sie in einen Dauermodus, und macht krank. Im Dauerstress kann sie zur Krankheit werden, die zum Tode führt.

Und das ist das Gegenteil, was die Angst eigentlich will: Uns schützen und in Sicherheit bringen.

 Was hilft uns von dieser ungesunden Angst wieder herunterzukommen?

- Eingestehen, dass wir alle einmal sterben werden. Mit Corona oder ohne. 

- Raus aus der Enge! Nur das Fliessende, das Entspannte hat eine Chance zu leben. 

- Das Leben lieben, die Menschen, die Erde, die Wolken die Schneeflocken. Die Liebe ist Heilung der Sterbensangst und stärker als der Tod.

 - «Das Lebendige strebt zum Lebendigen hin», sagt der Anthropologe Andreas Weber. Vertrauen wir darauf!

- Nicht das Phänomen Corona leugnen, sondern den Umgang damit kritisch begleiten. 

- Eigene Schlüsse ziehen, statt Kapitulation vor dem Informationsoverkill.

- Augenmass bewahren, Besonnenheit und Selbstverantwortung. 

- Dies auch von den Politikern verlangen. 

Es gibt Zeiten der Geduld und es gibt Zeiten des Handelns. Im Moment halte ich es für klug, ganz gegenwärtig zu sein und sich nicht ins Boxhorn jagen zu lassen.

Auf der Insel La Gomera gibt es einen Strand mit Unterwasser Strömungen. Mein Freund Frederik geriet da hinein. Und er sagte: "Wenn ich mich gegen die Welle gewehrt hätte, hätte ich alle Kraft und Luft verbraucht. Sie hätte mir gefehlt in dem Moment, als mich die Strömung nach oben spülte. Weil ich ganz ruhig blieb und weder gefuchtelt noch gejapst habe, habe ich überlebt."

Gute Nachricht: Immer gibt es den Moment und die Möglichkeit der Begegnung, der Lust und der Berührung. Auch in Zeiten, da Berührungen als gefährlich eingestuft werden. Nochmals: Das Lebendige strebt zum Lebendigen hin. Wir können auch einen Baum berühren. Und uns mit Blicken begegnen. Trotz Maske und dem damit einhergehenden Rückzugs Effektes. Schauen wir uns an. Lassen wir uns nicht noch mehr nehmen, als nötig und gefordert. Und vertrauen wir auf die Liebe. Sie ist keine Schnulze und keine Sonntagspredigt. Sie ist eine reale Kraft, die reale, heilende Kraft!


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