Fortunat Kauer

Die Geschichte eines Mannes, der sich selbst verloren hat, der den Krieg sucht – in sich selbst und anderswo – und ein Kind findet.

Kurzfassung des Romans: "Fortunat Kauer"
Dies ist die Geschichte eines Mannes, der sich selbst verloren hat, der den Krieg sucht – in sich selbst und anderswo – und ein Kind findet.
Abgehauen ist er. Von Savognin, aus der Klinik, als stellvertretender Chefarzt. Abgehauen und nach Zürich getrampt. Dort ein Zimmer genommen, in den Spiegel geschaut, sich nicht wieder erkannt. Das war nicht er, der da drinnen im Spiegel, das musste ein Scherz sein. Denn das Gegenüber fing an, ihn fertig zu machen, bis er den Spiegel zerschlug.
Er wacht auf und kann sich an nichts mehr erinnern. Das langsame Aufwachen des Fortunat Kauer beginnt.
Er macht sich auf die Suche. Ist es Krieg, den er sucht, die Wut, das Vergessen? Er weiss es nicht. Kauer hockt im Schweizer Degen, trifft Manfred den Fahrer wieder , der ihn von Savognin mitgenommen hat , guckt der Serviererin auf die Beine, foppt sie. Doch bei Blanche ist er an die Falsche geraten, sie holt ihn herunter vom Doktorsessel und bringt ihn dazu an die Fastnacht zu gehen. Die Balken biegen sich. Sie verbringen die Nacht auf glühenden Kohlen.
Das Dunkel in Kauers Kopf beginnt sich zu lichten. Blanche hört ihm zu. Es muss etwas in seiner Jagdhütte geschehen sein. Ein Liebesabenteuer, und Christina, seine Frau, ist dazu gekommen. Und diese Totgeburt, und die Augen der jungen Mutter, die.......
Dann begegnet er Sunaric, dem Bosnier, der ihm von Omarska erzählt, dem KZ, aus dem er entkommen ist. Wie soll man da weiterleben, nach dieser Hölle auf Erden? Aber auch den Mut zu sterben hat Sunaric nicht mehr. Er hat einen seiner Folterer auf der Traminsel wiedererkannt, nun sind sie hinter ihm her. Blanche überredet Kauer, Sunaric in Sicherheit zu bringen.
Nachdem er den Bosnier in der Jagdhütte versteckt hat, fährt er hinunter nach Savognin. Sein Haus ist leer. Er findet den Abschiedsbrief seiner Frau, besäuft sich. Es fällt der grosse Schnee. Er muss zurück in die Hütte, zu Fuss, und erfriert beinahe.
Zwei Tage schneit es. Die Hütte ist eng. Sunaric erzählt von Omarska, Kauer von seiner Gedächtnislücke. Je mehr er erzählt, umso klarer wird ihm, was passiert ist. Da stürzt sich plötzlich seine Vergangenheit auf ihn wie ein wildes Tier...
Ob er Sunaric erschlagen hat? Kauer wacht an seinem Bett und schwört, auf allen Vieren nach Sarajevo zu pilgern, wenn er nicht stirbt.
In Sarajevo, mitten im Kriegsgebiet, sucht Kauer Sunarics Familie. Er gerät zwischen die Fronten, wird bei einem Granatfeuer verschüttet. Ein Junge holt ihn aus dem Keller, und zeigt ihm den Weg aus der Stadt. Auf den Schienen der alten Eisenbahnlinie wandern sie zum Meer. Kauer versucht, den Jungen loszuwerden, aber Ajet (der ihm Gezeigte) lässt sich nicht abschütteln.
Nach Tagen voller Hunger, Angst, Streit und Versöhnung erreichen die beiden die Schweiz. Kauer ist wieder da. Aber was soll er mit einem Kind?     

Fortunat Kauer

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"FORTUNAT KAUER" – SCHULD IN SAVOGNIN, SÜHNE IN SARAJEVO

Bündner Tagblatt, Februar 1998
Von Peter Masüger

Ein "Liederer" mutiert zum Romanautor: Linard Bardill legt seinen Erstling "Fortunat Kauer" in Deutsch und Rumantsch Grischun vor. Eine in Kriegsereignisse eingebettete Geschichte einer Selbstfindung.
Fortunat Kauer heisst der Ich-Erzähler in Linard Bardills erstem Roman, denn "will einer die Welt antreffen, braucht er einen Namen", so die Begründung im Prolog des Buches, wo auch gleich die Etymologie dazu geliefert wird: Fortunat Kauer – "der selber sein Glück kaut". Und er kaut schwer daran.
In Zürich gestrandet
In Blut und Scherben erwacht er eines Tages in einem fremden Zürcher Hotelzimmer. Filmriss, das Gedächtnis ausgelöscht. Allmählich verfilzen sich auftauchende Erinnerungsfetzen wieder zu einem Gedächtnisteppich: Sein Spiegelbild und mithin er selber sind sich fremd geworden. Im Bemühen, es auszulöschen, hat er sich an den Scherben des zertrümmerten Spiegels geschnitten.
Während er in Zürich Fuss zu fassen versucht, freundet er sich mit der Beizerin Blanche an und wird in die Bosnien-Aktivitäten seines Freunde involviert. Die Ereignisse eskalieren, als der Freund attackiert wird, weil er den Bosnier Suranic deckt, der einen serbischen KZ-Schergen identifizieren konnte. Nur ungern versteckt Kauer den geflüchteten Lagerinsassen in seiner Savogniner Jagdhütte. In filmischer Manier sind in diesen "Action"-Strang Rückblenden eingeschnitten, die einerseits Kauers Gedächtnislücken wieder mit Inhalt füllen und andererseits die Figur des Ich-Erzählers für den Leser plastischer werden lassen.
Kauer ist ein Gestrandeter, ein Zerbrochener, am Anfang einer nach sich selbst. Als Arzt am Regionalspital Savognin hat er sich der Jagd und wechselnden Frauen verschrieben. Diese Obsessionen haben dazu geführt, dass er den Tod eines Neugeborenen verschuldet. Seine Frau hat ihn verlassen.
Wendepunkt Savognin
Der in der Jagdhütte versteckte Suranic verleiht Kauers Leben neue Impulse: Er verdankt dem Asylanten, dass er ihn betrunken und halberfroren aus dem Schneetreiben gerettet hat. Im Streit tötet er jedoch beinahe seinen Retter. Sein Schwur, "ich tue alles, wenn Du nicht stirbst", leitet eine Wende in seinem Leben und den zweiten Teil des Romans ein.
Der Ich-Erzähler, hinter dem man zunehmend den Autor selbst zu sehen vermeint, macht sich im kriegsgeschüttelten Sarajevo auf die Suche nach der Familie von Sunaric – ohne Erfolg. Dem Granatenhagel in der Stadt entkommt er mit Hilfe eines kleinen Jungen, mit dem er sich zur dalmatischen Küste durchschlägt.
Neuanfang ?
Der Schluss dieser Selbstsuche im Dreieck Savognin-Zürich-Sarajevo ist offen und versöhnlich zugleich. Kauer macht seinen Frieden mit der Frau, die durch seine Schuld ihr Kind verloren hat. Für Kauer selbst markiert das ihm zugelaufene Kind wenn nicht einen Neuanfang, so doch ein Ende der Hoffnungslosigkeit.
Zwei Welten stossen in den zwei Teilen des Buches aufeinander: Eine dem Leser vertraute im Oberhalbstein, und eine fremde des Krieges, deren Realität Kauer zwar am eigenen Leib erfährt, deren unsägliche Grausamkeiten aber auch ihm nur von den Erzählungen Dritter bekannt sind. Das mag bewirken, dass sich Kauer in einer Szenerie bewegt, die dem Leser ähnlich künstlich erscheint wie dem übersättigten Fernsehkonsumenten die aufbereiteten Berichte aus dem Fernseher.
Bardill schreibt flüssig. Man liest das Buch, sofern man über die notwendige Zeit verfügt, in einem Zug. Ideen und Bilder wirken frisch und unbemüht. Wenn auch die Todeserfahrung im Schneetreiben ein alter Topos in der Literatur ist, so ist doch die Verbindung, die der Halberfrorene von Schneehäufchen auf den Zaunpfosten zu göttlichen Nymphen in Ankor knüpft, ein gelungenes Bild.
Und noch eine Zweiteilung fällt auf: Geheimnisvollen, starken Frauen wie Blanche, der Frau Turajlic in Sarajevo oder Kauers Frau Christine, die nur indirekt in Erscheinung tritt, stehen mehr oder minder beschädigte Männerfiguren gegenüber, der kleine bosnische Junge einmal ausgenommen.
Switch zwischen Sprachen
Nicht nur für Linguisten dürfte es reizvoll sein, gelegentlich vom deutschen auf den romanischen Text auf der gegenüberliegenden Seite zu schielen. Vor allem dann, wenn Kauer vom Deutschen ins Vallader fällt. Es sei wichtig, sagt Iso Camartin auf dem Klappentext an die Adresse der Nichtromanen, dass "auch in einer Randsprache die Not der Zeit hörbar wird". Diese Argumentation vermag auch allfälligen Spekulationen, man habe mit der zweisprachigen Ausgaben den Romanbonus bemühen wollen, jegliche Grundlagen zu entziehen.